Im Garten und ums Haus Licht? - Bitte wenig, besser nicht!
HESSEN. - Viele Menschen lieben ihre Gärten und stecken viel Mühe in Herrichtung und Pflege. In den letzten Jahren ist jedoch zunehmend zu beobachten, dass die Straßenbeleuchtung Konkurrenz aus den Gärten bekommt.
Plastik-Solarstecker und Lichterketten sind zu sehen, Hausfassaden werden wie Kirchen angeleuchtet. Die lebensnotwendige natĂĽrliche Dunkelheit verschwindet und geht einher mit vielen Problemen fĂĽr die Tierwelt und Nachteilen fĂĽr Menschen, darunter auch die Wahrnehmung der Dunkelheit und der Sternenhimmel.
Siedlungen, Gärten und Bäume sind Lebensräume
Unsere Siedlungen bieten vielen Tieren einen wichtigen Rückzugs- und Lebensraum. Bäume, Hecken und blühende Gärten sorgen für ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Davon profitieren vor allem nachtaktive Insekten wie die für die Bestäubung wichtigen Nachtfalter.
Auch Fledermäuse, Glühwürmchen, Eulen, Igel und Co. sind nachts unterwegs, sie sind lichtempfindlich, lichtscheu und meiden beleuchtete Bereiche, z.B. um nicht gesehen und Opfer zu werden (Prädationsrisiko). Unzählige Käfer, Gliederfüßer und Bodenbewohner haben ebenfalls ihren Aktivitätszeitraum in der Nacht.
Schon wenig künstliches Licht stört sie sehr, denn sie sind auf die natürliche Schwachlichtumgebung der Nacht angepasst. Künstliches Licht stört sie – es blendet, verwirrt, vertreibt und beeinträchtigt.
Regenwürmer z.B. kommen zur Paarung an die Oberfläche und brauchen dazu absolute Dunkelheit – sie spüren mit ihrer Haut, wie hell es ist. Durch die Beleuchtung geht notwendiger Lebensraum verloren, der ohne Beleuchtung wieder zurückgewonnen wird.
Auch für tagaktive Gartenbewohner wie Singvögel und Eichhörnchen ist ein natürlich dunkler Garten wichtig. Er dient als Ruheraum und zur Erholung und Aufzucht des Nachwuchses. Wir Menschen können das nachvollziehen – für unsere eigene Erholung nehmen wir gern die Dunkelheit in Anspruch, indem wir unsere Schlafzimmer verdunkeln.
Leider haben die tierischen Garten- und Siedlungsbewohner keine Möglichkeit, sich vor Lichtverschmutzung zu schützen. Ihre Lebensräume gehen verloren, werden verkleinert; das Leben wird unnötig erschwert – oft mit fatalen Folgen.
Nicht recyclebare Plastikprodukte aus Fernost
Zur Lichtverschmutzung tragen auch moderne Deko-Produkte wie Solarleuchten bei. Diese erreichen in Bodennähe hohe Beleuchtungsstärken. Das beeinträchtigt z.B. Bodenbewohner und zwingt den Igel zu kräftezehrenden Umwegen.
Nicht zu vergessen, dass es sich bei diesen Produkten in der Regel um Importware mit hohem Plastik- und Ressourceneinsatz handelt und nicht recycelbar ist. Die gĂĽnstigen Akkus mĂĽssen als SondermĂĽll entsorgt werden.
Lichterketten wiederum benötigen Plastik und hohe Anteile an problematischen Weichmachern für deren Biegsamkeit. In Bäumen, Hecken oder an Zäunen aufgehängt, stören sie ganzjährig, in dem sie z.B. in der Sommerzeit Tiere vergrämen und erschrecken, die Flugaktivität der Insekten beeinflussen und im Winter die Entwicklung von Larven an Blattunterseiten oder Rindenüberständen beeinträchtigen.
Singvögel verlieren durch die künstliche Helligkeit ihre Schlafplätze bzw. ihre Lebensstätten an Qualität. Angestrahlte Hausfassaden reflektieren das Licht stark in die Umgebung und erhellen diese unnötig. Vergessen wird dabei auch oft, dass sich durch all diese zusätzlichen Lichtquellen Nachbarn gestört fühlen können.
Der Sternenhimmel über unseren Gärten und Balkons – auch eine Angelegenheit von Kommunen und Unternehmen
Im 19. Jahrhundert, als die Straßenbeleuchtung in den Städten Einzug hielt, stieß sie nicht überall auf Begeisterung. „Jede Straßenbeleuchtung ist verwerflich, weil sie als Eingriff in Gottes Ordnung (Anm. Natur) erscheint, die Diebe kühn macht und die Sitten verschlimmern lässt“, hieß es damals.
Und tatsächlich scheint etwas Wahres daran zu sein, denn eine der dramatischsten Veränderungen, die sich in den letzten Jahrzehnten ist flächendeckend vollzogen hat, ist die Veränderung bis hin zum Verlust der natürlichen Abfolgen von Tag und Nacht, den Mondphasen und den Tageslängen im Jahreslauf, durch die ganznächtliche Nutzung von künstlichem Licht in der Nacht. Dies ist auch im ländlichen Raum spürbar und hat die menschliche Wahrnehmung der Dunkelheit verändert.
Vielen Menschen geht mit ganznächtlicher flächendeckender Beleuchtung auch der Sternenhimmel in den Siedlungen verloren, der über alle Kulturen und Altersgrenzen hinweg verbindet, fasziniert und beruhigt.
Auf diese Weise schwächt die Lichtverschmutzung unsere Verbindung mit der Natur, denn wir nehmen die natürliche Dunkelheit und den Sternenhimmel weniger wahr. Jedes Engagement gegen Lichtverschmutzung dagegen gewinnt Lebensräume zurück, reduziert Ressourcen- und Energieverbrauch und gibt Groß und Klein den Sternenhimmel in der Siedlung zurück.
Das gilt auch fĂĽr Unternehmen und die StraĂźenbeleuchtung, denn viele Kommunen machen seit Jahren gute Erfahrungen mit der Abschaltung.
Nachtschutz ist Arten- und Klimaschutz
Im Garten und auf Grünflächen sollte Kunstlicht grundsätzlich vermieden werden. „Omas Garten“ ohne künstliche Lichtquellen ist dabei das Vorbild.
Und falls man doch etwas Licht braucht – z.B. am Hauseingang – dann gilt:
- zuerst lichtunabhängige Lösungen wie Markierungen, Reflektoren oder die sachgemäße Nutzung mobiler Lichtquellen wie Taschenlampen bevorzugen
- sparsam, nur so viel Licht wie nötig - 100 – 300 Lumen Lichtstrom (Intensität) reichen in der Regel völlig aus. Sogar mit 20 lm Lichtstrom kann mit guter Lichtverteilung gut gesehen werden. Der Lichtstrom steht auf der Packung.
- wenn künstliches Licht, dann nur nach unten strahlen mit gut abgeschirmten Leuchten, möglichst niedrige Lichtpunkthöhen
- warme, bernsteinfarbene Lichtfarbe einsetzen bis max. 2700 Kelvin, besser unter 2200 Kelvin Farbtemperatur
- ausschalten, wenn nicht benötigt und in der Nacht
- Schalter mit Zeitschaltuhr bevorzugen, Bewegungsmelder prüfen und gut einstellen bzw. abkleben, da sie sonst unkontrolliert auslösen
Eine ausfĂĽhrliche Zusammenstellung von Studien und Quellen zu den Auswirkungen der Lichtverschmutzung finden Interessierte hier: https://naturnacht-fulda-rhoen.de/ressourcen/sammlung-auswirkungen-von-kunstlicht-bei-nacht/
Weitere Infos zur Lichtverschmutzung: hhttps://www.lichtverschmutzung-hessen.de , ttp://www.sternenpark-rhoen.de