LESERBRIEF: Forderung 22 namhafter Wissenschaftler erfĂŒllen!

âWĂ€lder als Standorte fĂŒr WEA sind attraktiv fĂŒr die Investoren, weil dort kaum Siedlungen und Menschen als potenzielle ÂŽVerhindererÂŽ zu befĂŒrchten sindâ wie hier an der WKA Baustelle Geisberg. Foto: Hermann Bazlen
In einer 64-seitigen SonderbroschĂŒre der Naturschutzinitiative e.V. (NI) beleuchten 22 Wissenschaftler die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf unsere WĂ€lder und Landschaftsschutzgebiete, den Artenschutz sowie die BiodiversitĂ€t. Ihre Forderung: Keine Windenergieanlagen in WĂ€ldern und Schutzgebieten zu errichten.
Gefahr fĂŒr die BiodiversitĂ€t, Natur-, Arten- und Landschaftsschutz
âDie Umwandlung von WĂ€ldern und noch naturnahen LebensrĂ€ume in Energieindustriegebiete stellt eine der gröĂten zusĂ€tzlichen Gefahren fĂŒr die BiodiversitĂ€t und damit fĂŒr die Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren dar. Siehe auch: Wissenschaftler fordern: Keine Windenergie im Wald!
Windkraftanlagen in WĂ€ldern bedeuten immer einen Eingriff in schon zum Teil stark geschwĂ€chte Ăkosysteme. âDer Bau von WindrĂ€dern in geschĂŒtzten oder ökologisch wertvollen WĂ€ldern ist nicht akzeptabel und fĂŒr den Klima- und Artenschutz absolut kontraproduktivâ (Dorothea Epperlein, Waldexpertin bei Greenpeace).
Die einseitige Bedienung der finanziellen Interessen der Windkraftindustrie gegenĂŒber allen anderen gesellschaftlichen Belangen birgt eine ungeheure Sprengkraft fĂŒr den sozialen Frieden und schadet dem Natur-, Arten- und Landschaftsschutzâ, betonte Harry Neumann Vorsitzender der Naturschutzinitiative (NI).
Verlust an biologischer Vielfalt
Die zweite groĂe Krise dieses Jahrhunderts, der globale Verlust an biologischer Vielfalt, komme viel zu kurz im öffentlichen Diskurs, so der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Matthias Glaubrecht.
âDas zeigt auch der höchst bedenkliche Beschluss der Ampel-Koalition, hierzulande den Arten- und Naturschutz notfalls in den WĂ€ldern und auf den Feldern schneller als bisher weiteren Windkraftanlagen und Stromtrassen zu opfernâ.
âDenn wie Waldökologen, Biologen und unabhĂ€ngige Fachleute den Wald sehen, den so wertvollen, unverzichtbaren Waldboden, die ökologisch hochkomplexen Waldfunktionen und die ZusammenhĂ€nge von Wachstum, Wasser, Boden, Verdichtung, Sonneneinstrahlung, Waldinnenklima, von Moosen, Farnen und Pilzen, Kleinstlebewesen, Artenvielfalt in Flora und Fauna unter â wie oberirdisch, die BĂ€ume selbst und vieles mehr beschreiben â all das ist, umso mehr in diesen Zeiten von Klimawandel und BiodiversitĂ€tkrise so wichtig, so hochbedeutsam, so wahr â und weiterhin so unbekanntâ. Prof. Pierre Ibisch.
GroĂe zusammenhĂ€ngende Schutzgebiete sind das Gebot der Zeit
Dr. Wolfgang Epple, Evolutionsbiologe und Buchautor ergĂ€nzt: âDie KlimaschutzplĂ€ne der Ampel-Regierung bedeuten das Aus fĂŒr den Natur- und Landschaftsschutz. Die Ampel-Regierung will mit dem angestrebten Vorrang der erneuerbaren Energien das Prinzip der GĂŒterabwĂ€gung aushöhlen.
SchutzbemĂŒhungen mĂŒssen die KrĂ€fte der Natur einbinden. GroĂe zusammenhĂ€ngende Schutzgebiete sind das Gebot der Zeit. Dazu gehören auch die Landschaftsschutzgebiete. FlĂ€chenintensive Eingriffe durch Erneuerbare Energien konterkarieren alle bisherigen Erfolge und AnsĂ€tze des Naturschutzes.
VerstoĂ gegen EU-Recht
Nach Meinung der Naturschutzinitiative (NI) verstöĂt die Ampelregierung systematisch gegen EU-Recht. Das im April 2023 von ihr in Auftrag gegebene Rechtsgutachten von Dr. Rico Faller von der Kanzlei Caemmerer-Lenz, Karlsruhe kommt zu dem Ergebnis, dass auch bei den jĂŒngsten GesetzesĂ€nderungen gravierende MĂ€ngel vorliegen und dass die im Gesetzgebungsverfahren auch von anderen Experten geĂ€uĂerte Kritik nur teilweise ernst genommen wurden.
Klage der NaturschutzverbÀnde
Die Naturschutzinitiative e.V. (NI), der Verein fĂŒr Landschaftspflege, Artenschutz und BiodiversitĂ€t e.V. (VLAB) und die Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) haben wegen fortlaufender und systematischer VerstöĂe gegen das EU-Naturschutzrecht eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland bei der EU-Kommission eingereicht.
Das Ziel dieser Beschwerde ist es, dass der EuropÀische Gerichtshof die Unvereinbarkeit jener GesetzesÀnderungen mit dem europÀischen Recht feststellt.
Des Weiteren hat der BUND e.V. Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Damit will er die Bundesregierung zu einer umfassenden Gesetzgebung fĂŒr den Schutz von Natur und Artenvielfalt zwingen. "Das Tempo bei Artensterben und Naturzerstörung ist noch dramatischer als die Geschwindigkeit der Klimakrise", erklĂ€rte der BUND.
Klimawandel und Artensterben
Der Klimawandel ist nur ein Faktor, der unser zukĂŒnftiges Leben auf der Erde beeinflussen wird, denn: âDer Klimawandel bestimmt, wie wir als Menschheit in Zukunft leben, das Artensterben, ob wir auf der Erde ĂŒberleben.â (Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Friederike Bauer: Vom Verschwinden der Arten, Der Kampf um die Zukunft der Menschheit, 2023).
Ein vor dem Hintergrund der Klimakrise besonders wichtiger Randeffekt sei nach Meinung von Herrn Prof. Dr. L. Ibisch die hohen Temperaturen, die an heiĂen Sommertagen auf den geschotterten Zuwegungen oder StandflĂ€chen der Windkraftanlagen entstehen.
Da erreichen wir ohne weiteres 55 Grad Celsius und mehr auf der OberflĂ€che. Diese Hitze fĂŒhrt dazu, dass heiĂe Luft aufsteigt und dem Wald Wasser entzieht, also zur Austrocknung fĂŒhrt und das Waldbrandrisiko erhöht. WĂ€lder können das Klima und die Artenvielfalt aber nur dann richtig schĂŒtzen, wenn sie naturnah und gesund sind. âDie RĂŒcksichtslosigkeit vieler KlimaschĂŒtzer hat fatale Folgen fĂŒr die Naturâ
Fragmentierung unserer WĂ€lder
Und weiter fĂŒhrt Prof. Ibisch aus: âBereits jetzt ist der Wald in Deutschland erheblich zerschnitten, etwa durch Forstwege und RĂŒckegassen. Wir haben das wissenschaftlich ausgewertet und kamen zu dem Ergebnis:
Bei einer Auflösung von 30 Metern gibt es hierzulande fast 2 Millionen Wald-Fragmente und 98 Prozent dieser Fragmente sind kleiner als ein Quadratkilometer. Rundherum sind FlĂ€chen, die mehr oder weniger unfreundlich sind zum Wald, die Randeffekte ausĂŒben.
Durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald und den Bau von StraĂen, die zu den Anlagen fĂŒhren, wird dieses Problem verschĂ€rftâ. âWaldzerstörung ist kein Beitrag zum Klimaschutz!â Dr. Joachim Tamm.
Bau von WindrÀdern auf Kammlagen
GefĂ€hrlich sei auch, so Dr. Michael Altmoos, wenn WindrĂ€der auf die windreichen Kammlagen der WaldhöhenzĂŒge kommen. Verlockende technische Effizienz darf nicht ĂŒber alles gehen. Auf den Höhen sind Orientierungspunkte und âHotspotsâ fĂŒr Tierwanderungen und auch wertvolle LebensrĂ€ume.
Obwohl ânurâ 1 ha FlĂ€che pro Windrad benötigt, wird Boden- und Wasserhaushalt weit ĂŒber den Standort beeintrĂ€chtigt. In WĂ€ldern ist das fĂŒr Schwammfunktion, Luft- und Wasserströme sowie Hochwasserschutz katastrophal.
Aber wo sollten WindrÀder errichtet werden?
Lösung sei, nach Meinung von Dr. Altmoos, neue Infrastruktur wie Windindustrie nur an die bereits zahlreich vorhandene GroĂinfrastruktur weitrĂ€umig zu bĂŒndeln. Laut NABU wĂ€re eine bessere Koordination im Bereich der Eingriffsplanung, einheitliche ökologische Standards sowie eine landesplanerische Steuerung wichtige Schritte diesen Ausbau naturschutzgerecht zu gestalten.
Bei dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien wĂ€re es wĂŒnschenswert, âdass der Fokus dabei auf den FlĂ€chen liegt, die schon versiegelt sind, etwa in stĂ€dtischen RĂ€umen, wo die Energie verbraucht wird oder entlang von StraĂen.
Sicherlich gibt es noch weitere Alternativen, als unsere letzten Fragmente von ohnehin schwer geschĂ€digtem Wald fĂŒr diese Energiegewinnung herzunehmenâ. (Prof. Pierre Ibisch).
Es könnten auch Randstreifen an Autobahnen und ehemalige Gewerbestandorte vorrangig fĂŒr die Energiewende genutzt werden.
Ausbau der Erneuerbare
âDer Ausbau der erneuerbaren Energien ist fĂŒr die BekĂ€mpfung der Klimakrise wichtig. Aber nur unter drei Bedingungen: er muss einhergehen mit der Absenkung unseres Energieverbrauchs, er darf den FlĂ€chenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft nicht weiterbefördern, und wir mĂŒssen die WĂ€lder aus dem Spiel lassen.
Die WĂ€lder in Deutschland geht es sehr schlecht â wir mĂŒssen Ihnen Zeit Zeiten und Raum geben, ihre Zerschneidung und VerstraĂung zu reduzieren und sie auf keinen Fall mit zusĂ€tzlicher Infrastruktur belastenâ. Prof. Dr. Pierre Ibisch.
Kurswechsel
Windkraftbetreiber schlittern in die Krise. Auf Grund der Dunkelflauten in diesem Winter ist die deutsche Winderzeugung auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gesunken. FĂŒr das Wochenende wird in Deutschland eine weitere Phase niedriger Windgeschwindigkeiten erwartet, die die Gewinne der Betreiber erneuerbarer Energien bedrohen. Energiewende News-Ausgabe 3/25.
Fossile Brennstoffe werden hochgefahren. Die Atomimporte aus Frankreich betragen an 18 Tagen im Januar 2025 durchschnittlich 2,5 bis 4 Gigawatt/pro Tag.
Die Professoren Dubbers, Stachel und Uwer, vom physikalischen Institut der UniversitĂ€t Heidelberg vertreten die Meinung, dass wir offen sein mĂŒssten fĂŒr neue Technologien. Ein weiter so wird nicht funktionieren und geben zu bedenken, dass die Zwischenspeicherung der elektrischen Energie eines Windrades in Form von Wasserstoff und deren RĂŒckgewinnung in voller Höhe gegenwĂ€rtig den Betrieb von fĂŒnf WindrĂ€dern erfordert.
Auch FDP und CSU fordern einen Kurswechsel in der Energiepolitik und wollen Ă€hnliche Wege einschlagen â weniger BĂŒrokratie und Regularien, mehr Technologieoffenheit. WĂ€hrend die FDP an ihrem Plan einer âWirtschaftswendeâ festhĂ€lt, setzt die CSU auf Atomkraft und eine sichere Energieversorgung mit Gaskraftwerken und Wasserstoff fĂŒr Bayern. Tagesspiegel Background vom 10.2.2025.
Zentral sei eine âKostenwendeâ. Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz scheitert die Energiewende. Zudem sei der Ausstieg aus der Atomkraft zu ĂŒberprĂŒfen, der eine âideologisch motivierte Fehlentscheidungâ gewesen sei. Siehe auch: âCDU-Politiker wollen Kurswechsel in der Energiepolitikâ, NTV vom 4.11.2024.
Hermann Bazlen
64686 Lautertal