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Naturverbundenheit und Biofleisch: Was Menschen zur Jagd treibt (Teil 3)

Mit Warnweste, Hund und Gewehr sind die Treiber unterwegs. Das Gewehr allerdings nur zum Selbstschutz, jagen dürfen heute andere.

Mit dem Halali wird das Ende der Jagd geblasen:

Metzger Rudi Gabriel verarbeitet das gesamte Wild zu Fleisch und Wurst.

WETTERAUKREIS / BÜDINGEN. - Nach den zwei Texten zur Unteren Jagdbehörde hat sich der Autor entschlossen, an einer Jagd teilzunehmen. Schießen wird er allerdings nur mit seiner Kamera und einem 300-Millimeter-Teleobjektiv.

Als Gründe warum Menschen sich auf die Jagd begeben, werden vor allem Naturverbundenheit und ein Betrag zum angewandten Naturschutz genannt. Die Freude an der praktischen Jagdausübung, der Genuss von Wildfleisch ist fast genauso wichtig. Das Interesse an Waffen spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle.

An einem strahlend blauen Spätherbst-Tag geht es los in den Wald bei Büdingen. Drei Stunden Ansitz sind eingeplant, zuvor aber treffen sich 30 Jäger und 20 Treiber in der „Wild-Stubb“ in Büdingen-Aulendiebach, deren Eigentümer Guido Walter der Jagdpächter ist.

Als Betreiber des Wildrestaurants hat er vor allem Interesse an verwertbarem Wild. Das heißt, auch wenn diesjährige Wildschweine geschossen werden dürften, solle man lieber warten bis sie wenigstens 18 Kilo auf die Waage bringen.

Dazu gibt Guido Walter die Regeln aus: Nicht weiter als 60 Meter sollte das Tier entfernt sein, damit man sicher schießen kann und logischerweise muss sichergestellt werden, dass ein Fehlschuss oder ein Durchschuss nicht wer weiß wie weit noch fliegt, sondern in dem dahinterliegenden Boden landet.

Für die Jagd braucht man viel Zeit

Um 9:30 Uhr soll die Jagd beginnen. Bis dahin sollen die Jäger die vereinbarten Positionen eingenommen haben und die Treiber damit beginnen, das Wild aus dem Unterholz aufzuscheuchen. Für die Jagd braucht man vor allem eines, nämlich Zeit und Geduld. Wer glaubt, bei jeder Jagd Erfolg zu haben, der wird bald eines Besseren belehrt.

Mein Jagdpate Hans Hess geht von einem Verhältnis von 5:1 aus. Das heißt, bei jeder fünften Jagd ist man erfolgreich. Ich bin gespannt, was mir vor die Kamera und Hans Hess vor die Jagdbüchse kommt. Lesen kann man allenthalben, dass es zu viele Wildschweine gibt.

Die seien teilweise schon zur richtigen Plage geworden. „Das hat natürlich auch mit der Landwirtschaft zu tun. Immer größere Maisfelder sind wahre Paradiese für die Wildschweine, die gehen da gar nicht mehr raus und fressen sich dort satt“, erklärt Hans Hess.

Das Füttern von Wild ist grundsätzlich nicht gestattet. Nur wenn amtlicherseits Notzeiten ausgerufen werden, darf gefüttert werden. Aber das ist auch schon einige Jahre her. Andererseits ist das Zufüttern auch gar nicht nötig. Bei einem Spaziergang durch den Wald sieht man aktuell das Überangebot an Eicheln und Bucheckern.

Mittlerweise hört man die Treiber laut rufen, mit Stöcken gegen die Stämme schlagen. Hunde bellen, von weit her hört man immer wieder Schüsse. Zwei Rehe sehen wir in einer Entfernung von 100 Metern, die gehen gemächlich an unserem Blickfeld vorbei.

„Keine Schussdistanz“, bedauert Hans Hess. Später sehen wir noch zwei weitere Rehe, die von den Treibern aufgescheucht wurden. Sie sind auf der Flucht und springen dabei, auch hier verbietet sich der Schuss. „Viel zu unsicher. Die Laufbahn der Rehe ist nicht vorauszuberechnen. Die Gefahr, das Tier nur zu verletzten ohne es zu töten, ist zu groß.“

Und wieder braucht man Geduld und die Zeit vergeht nur langsam. Dafür wird es immer kälter. Bei einem Grad Außentemperatur nutzen auch die Thermo-Wanderhose und der dicke Fleecepullover nicht viel, gut, dass mein Jagdpate vorsorglich einen Lodenumhang für mich mitgebracht hat.

Immer mal wieder hört man von Ferne das Rufen der Treiber, das Bellen der Hunde, das der Jäger als „Fährtenlaut“ bezeichnet. Dann kommt die Stunde des Jägerlateins, Jagdgeschichten von kapitalen Hirschen, von gefährlichen Ebern und treuen Jagdhunden. Begegnungen wie sie vor hunderten von Jahren schon hätten stattfinden können.

Jetzt kommt ein Treiber vorbei und fragt: „Wie viel?“

Antwort: „Zweimal zwei Rehe. Und ihr?“

„Ein Wildschwein und ein Fuchs“, kommt es zurück. Viel mehr wird nicht gesprochen.

Nach drei Stunden geht es zurück zum Treffpunkt, wo üblicherweise die „Strecke“ ausgelegt wird. Heute aber nicht. Die Jagdbeute wird nach und nach angefahren und von Metzger Rudi Gabriel gleich ausgenommen und in die Kühlkammer der „Wild-Stubb“ gebracht.

Am Schluss reibt man sich dann doch die Augen: Sechs Wildschweine, ein Damhirsch und zwei Rehe und dazu ein Fuchs. Das ist die Jagdbeute des heutigen Tages, offensichtlich hat der Autor heute am falschen Platz gewartet.

Jagdpächter Walter ist nicht unzufrieden. Für die schwierigen Geländeverhältnisse sei das gar keine schlechte Ausbeute. Enden wird der Jagdtag mit dem „Schüsseltreiben“, dem Eintopf und dem gemütlichen Beisammensein in der Gaststube.