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Bürgerinitiative: Leichtfertiger Umgang mit Trinkwasserschutz im Genehmigungsbescheid

ODENWALD. - Erschüttert und sprachlos sind die Odenwälder Bürgerinitiativen „Gegenwind“ über den Umgang der Genehmigungsbehörde beim Regierungspräsidium in Darmstadt bei der Baugenehmigung der fünf Windkraftanlagen auf dem Kahlberg.

Werden die Zerstörung des Landschaftsbildes und der leichtfertiger Umgang mit den Prinzipien des Artenschutzes durch die politisch gewollten Entscheidungen beklagt, so sei der Umgang in den Wasserschutzzonen auf dem Kahlberg geradezu unverantwortlich und riskiere die Beeinträchtigung des Grundwassers.

Kommunale Verantwortung zähle zu den oberen Prioritäten wenn es um das Trinkwasser gehe, gehöre es doch zu den Grundnahrungsmitteln, das jede Kommune im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge mit ihrer Infrastruktur in schadstofffreier Reinheit den Bürgern zur Verfügung stelle.

Vier Trinkwasserquellen sind bedroht

„Der Genehmigungsbescheid für die fünf Windkraftanlagen auf dem Kahlberg setzt sich über die anerkannten Verfahrensregeln des Wasserrechts leichtfertig hinweg. Sehr wohl stellt der Bescheid fest, dass sich die Rotoren sowohl für die >Quelle Ober-Ostern< der Gemeinde Reichelsheim, für die >Quelle 11 Krumbach< und die >Quelle 16 Weschnitz< der Gemeinde Fürth als auch für die >Schmerbachquelle< der Gemeinde Mossautal in der Zone III des Wasserschutzgebietes liegen mit Abständen von 490 m bis 900 m zu den Quellen.“

Dies sei für die Entstehung des Grundwassers im kluftreichen Gelände eine sehr geringe Entfernung. „Hydrogeologisch befinden sich die Standorte der geplanten Windkraftanlagen im Buntsandstein-Odenwald wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) als technisch-wissenschaftliche Fachbehörde feststellt, in dem sich das Grundwasser in Kluften sammelt und zu den Quellen geleitet wird.“

Wesentliche Minderung der Grundwasserdeckung billigend in Kauf genommen

Die Genehmigungsbehörde des Regierungspräsidiums (RP) nehme hingegen in ihrem Bescheid billigend in Kauf, dass „davon auszugehen (ist), dass für die Errichtung der Fundamente ein Eingriff bis in den Grundwasserleiter des Buntsandsteins erforderlich wird.“

Schon durch die Beseitigung der „schützenden Deckschichten“ des Waldbodens und beim Entfernen der Wurzelstöcke komme es zu einer wesentlichen Minderung der Grundwasserdeckung und „zu einer erhöhten Gefährdung des Grundwassers“, heißt es im Genehmigungsbescheid und „so können beispielsweise durch versickernde Niederschläge Trübstoffe oder Bakterien in Klüfte gelangen und bis zu den Trinkwassergewinnungsanlagen transportiert werden.“

Es sei von hohen Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers auszugehen und die Verschmutzungsempfindlichkeit des Grundwassers werde vom Hessischen Landesamt HLNUG als „überwiegend hoch“ eingeschätzt.

Weitere Grundwassergefährdungen könnten nach Auffassung des Landesamtes durch die eingesetzten Baustoffe und Betriebsmittel wie Getriebe- und Hydrauliköle, Schmiermittel und Kühlmittel hervorgerufen werden.

„Wassergefährdende Stoffe stellen eine der größten Gefährdungen dar“

Nicht nur beim Bau der Rotoren sondern auch während des Betriebes einer Windkraftanlage im Wasserschutzgebiet „stellen die wassergefährdenden Stoffe eine der größten Gefährdungen dar“, die zum Betrieb benötigt werden und die in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden müssen

„Dazu zählen der Austausch des Altöls und der Kühlmittel unter enormen hydrostatischen Drücken bei einer Gondelhöhe von 134 m. Dieser Ölwechsel ist alle 3 bis 5 Jahre notwendig. Außerdem sind Havarien in der Anlage selbst infolge von Blitzschlag, Brand, Sturm und Alterung nicht ausgeschlossen, bemerkt die Fachbehörde in ihrer Stellungnahme gegenüber der Genehmigungsbehörde beim Regierungspräsidium.“

Jeder Kommunalpolitiker wisse, „dass die obere Wasserbehörde in der Schutzgebietsverordnung wesentliche Anforderungen, Nutzungsbeschränkungen und Verbote festlegt, die allgemein für den Gewässerschutz gelten, um speziell das Grundwasser im Einzugsgebiet von Brunnen und Quellen vor qualitätsmindernden Einflüssen zu schützen“. Darauf müsse sich ein Bürger verlassen können, wenn er den Wasserhahn aufdrehe und das im Odenwald übliche klare Trinkwasser nutze.

Genehmigungsbehörde im Widerspruch zur Landesfachbehörde

„Mit dem Genehmigungsbescheid für den Windpark auf dem Kahlberg setzt sich die Genehmigungsbehörde in den Widerspruch zur Landesfachbehörde und unverständlicherweise über die entsprechenden Verbote in der Schutzgebietsverordnung hinweg, weil sie im Windpark >überwiegende Gründe des Allgemeinwohls< sieht, die eine Ausnahme gerechtfertigt erscheinen lassen, weil der Schutzzweck des Wasserschutzgebietes nicht gefährdet wird, lesen die Vertreter der Bürgerinitiative mit Staunen und wundern sich über die Auflagen, die den Bauherren der GAIA mbH in Lambsheim gemacht werden.“

Die von der Genehmigungsbehörde des Regierungspräsidiums als ungefährlich eingeschätzte Baumaßnahme im Wasserschutzgebiet lege fest, „dass das Öffnen der Baugrube nicht in einer Phase andauernder Niederschläge stattfinden darf und dass es erforderlich ist, während der Bauphase die Maschinen, Geräte und Fahrzeuge arbeitstäglich auf austretende Stoffe zu kontrollieren und Schäden umgehend zu beseitigen sind“.

Aus den Bedenken der Fachbehörde sei eine lange Liste mit Auflagen im Genehmigungsbescheid für die Arbeitsvorgänge und die Mineralöllagerungen und Betankungsflächen für Baugeräte gegen Versickerung aufgeführt.

Dazu zähle, dass „Baufahrzeuge und Maschinen in arbeitsfreien Zeiten sowie bei Betankungsvorgängen außerhalb von Wasserschutzgebieten auf den dafür ausgewiesenen, gekennzeichneten und befestigten Flächen abzustellen“ und die Stand- und Tankplätze gegen Versickerung und sonstige Gewässerverunreinigungen durch Flüssigkeiten zu sichern seien.

Wer kontrolliert die Vorgänge?

„Was ist“, so fragen die Vertreter der Bürgerinitiative, „wenn bei der Betankung und beim Nachfüllen durch die mobilen Tankstellen die Auffangvorrichtungen nicht hinreichend ein Eintreten der wassergefährdender Stoffe wie Hydrauliköl, Schmieröl, Kühlflüssigkeit, Kraftstoff verhindern? Wer kontrolliert die Vorgänge?“, wollen die fachkundigen Vertreter der Bürgerinitiative wissen.

Wenn man lese, dass „direkt unterhalb der Gondel am Turm ein umlaufender Außenkragen mit ausreichender Menge an Ölbindemittel fest zu installieren (ist), der im Notfall die Gesamtmengen an auslaufenden Flüssigkeiten aufnehmen kann, liesen das einem besorgten Bürger eine Gänsehaut über den Rückenlaufen.“

Genehmigungsbehörde will Ersatzwasserversorgung sichergestellt wissen

Den Atem verschlage es den Kritikern, wenn sie lesen: „Für die betroffenen Quellfassungen (Quelle Ober-Ostern, Quelle Schmerbach, Quelle 11 Krumbach, Quelle 16 Weschnitz) ist eine Ersatzwasserversorgung sicherzustellen.“

Und für die Quellfassung Schmerbachquelle der Gemeinde Mossautal sind Vorfilter und Feinfilter und Sonden zur Trübungsmessung einzubauen, damit sichergestellt werden kann, „dass eventuell auftretende Trübungen den Betrieb der UV-Anlage nicht beeinträchtigen können.“

Zudem solle eine elektronische Vorrichtung eingebaut werden, mit der die Quelle automatisch außer Betrieb genommen werden könne. „Wer kontrolliert die lange Liste der Auflagen?“, fragen sich die Vertreter der Bürgerinitiative. „Und mit welchen Vertuschungen ist zu rechnen?“

Neben dem hochriskanten Baubetrieb mit der Infiltration von Schadstoffen ins Trinkwasser, seien auch die Auswaschungen aus der gigantischen Fundamentierung für die hohen Rotoren von beachtenswerter Bedeutung.

Weitere chemische Verbindungen bedrohen das Grundwasser

Das Fundament müsse durch die auftretenden Vibrationen des Windrads, die in den Untergrund übertragen werden und Veränderungen der wasserführenden Klüfte verursachen, hohe statische und dynamische Belastungen aufnehmen.

Daher müssten sie entsprechend statisch konstruiert werden „und stellen an den Zement hohe Anforderungen, weshalb dieser neben dem vorhandenen Eisengehalt und Chrom verschiedener Oxidationsstufen weitere chemische Zuschläge erhält“.

In der Bauwirtschaft seien Berufskrankheiten wie Zementekzeme allgemein bekannt. Sie werden durch die im Zement enthaltenen Chrom-Verbindungen verursacht. „Die Regenfälle waschen den Beton aus und spülen die entsprechenden Schadstoffe ebenfalls in die Grundwassergewinnung. Bis man die Spurenelemente gefunden hat, die Allergien auslösen, sind die betroffenen Menschen und vor allem die Kinder und Alten mit ihren Gesundheitsproblemen längst Rat suchend bei den Ärzten“, befürchten die Beobachter der gigantischen Landschaftszerstörung.

Nur die Gemeinde Mossautal hat die Gefährdung für die Trinkwasserquellen erkannt und klagt

„Während die Verantwortungsträger in den Gemeinden Fürth, Grasellenbach und Reichelsheim die zu befürchtende Trinkwasserprobleme der Bürgerschaft gegenüber totschweigen, hat bisher nur die Gemeinde Mossautal die offensichtliche Gefährdung für die Trinkwasserquellen am Kahlberg erkannt und folgerichtig Klage gegen den Genehmigungsbescheid erhoben.“

Die Bürgerinitiativen stünden der Odenwaldkreis-Kommune unterstützend zur Seite und würden auf einen wirkungsvollen Erfolg in der Rechtsprechung im Sinne des „Menschenschutzes“ höffen, heißt es abschließend in der Presseerklärung der Bürgerinitiativen.