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Affäre Buschmann: Staatsanwaltschaft entscheidet über Klageerhebung

Harald Buschmann, früherer Bürgermeister der Odenwälder Kreisstadt Erbach (2000 - 2018), und seit Januar 2019 Geschäftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaft Odenwaldkreis in Erbach, steht im Fokus der Staatsanwaltschaft Darmstadt, die bis Mitte April 2019 darüber entscheiden will, ob Anklage gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil der Stadt Erbach erhoben wird. Archivfoto: by -pdh-

Insgesamt rund 2 Millionen Euro städtischer Gelder zahlte das Erbacher Rathaus unter der Regie von Harald Buschmann an oder über die Agentur Lebensform GmbH für teilweise nicht nachvollziehbare Dienstleistungen und überwiegend ohne vorherige schriftliche Angebote oder Aufträge

ERBACH / DARMSTADT. - In der Marketing-Affäre Buschmann sind über einen Zeitraum von mehreren Jahren insgesamt rund 2 Millionen Euro an städtischen Geldern an oder über die Erbacher Agentur Lebensform geflossen.

Harald Buschmann selbst hatte aufgrund einer parlamentarischen Anfrage von SPD und ÜWG im Dezember 2017 nur rund 510.000 Euro eingeräumt.

In den meisten Fällen hatte der frühere Rathauschef diese Aufträge im Alleingang und ohne entsprechende Angebote quasi auf Zuruf erteilt, berichten Insider.

Jetzt will die Staatsanwaltschaft Darmstadt bis Mitte April dieses Jahres darüber entscheiden, ob in dieser Affäre Anklage wegen Untreue gegen den früheren Erbacher Bürgermeister und aktuellen Geschäftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaft Odenwaldkreis Harald Buschmann erhoben wird.

Polizeiliche Ermittlungen sind abgeschlossen

Die polizeilichen Ermittlungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft seien kürzlich abgeschlossen worden, die Akte liege zwischenzeitlich der Staatsanwaltschaft wieder vor, sagte der stellvertretende Pressesprecher der Darmstädter Behörde, Oberstaatsanwalt Knut Happel, auf FACT-Anfrage.

Die für das Verfahren zuständige Staatsanwältin Brigitte Lehmann befinde sich derzeit noch in Urlaub, werde danach die Ermittlungsergebnisse prüfen und über eine mögliche Klageerhebung wegen Untreueverdachts entscheiden, so Happel weiter.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen seit Anfang 2018

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Darmstadt waren Anfang vergangenen Jahres eingeleitet worden, nachdem die strafrechtlich relevante Marketing-Affäre bekannt geworden war (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Anfang März 2018 erhielt der damalige Amtsinhaber Buschmann bei der Erbacher Bürgermeisterwahl dann nur noch dürftige 32,2 % der Stimmen und wurde damit deutlich abgewählt.

Buschmann ist nach wie vor Vorsitzender der CDU Odenwaldkreis und in dieser Funktion erst vor Jahresfrist trotz heftiger Kritik im Amt bestätigt worden (siehe FACT-bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Zu Jahresbeginn 2019 übernahm Buschmann die Position des Geschäftsstellenleiters bei der Kreishandwerkerschaft Odenwaldkreis in Erbach (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

9. Große Strafkammer des Landgerichts Darmstadt verwarf Beschwerde Buschmanns

Mit Beschluss vom Freitag, 15. Juni 2018, hat die 9. Große Strafkammer des Landgerichts Darmstadt bereits die Beschwerde Buschmanns gegen die Durchsuchung der Erbacher Stadtverwaltung durch Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei am 30. Mai vergangenen Jahres im Zusammenhang mit dem Untreueverdacht gegen ihn (siehe Fact-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews) als unzulässig verworfen.

Während dieser laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind zuletzt Anfang Oktober möglicherweise weitere Straftatbestände aufgetaucht (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Rüge von der Dienstaufsichtsbehörde

Auch hatte der Odenwaldkreis als Kommunalaufsichtsbehörde die Selbstanzeige des Erbacher Bürgermeisters Harald Buschmann vom 11. Januar 2018 mit Schreiben vom 9. April 2018 beantwortet und dem zwischenzeitlich abgewählten Kreisstadt-Verwaltungschef eine Rüge erteilt.

„Die in Rede stehende Rückdatierung von Auftragsvergaben, die vom Bürgermeister offengelegt worden ist, wurde missbilligt“, hieß es in der Rüge der Dienstaufsichtsbehörde.

Rückdatierung und Stückelung unzulässig

FACT-Recherchen hatten damals ergeben, die Dienstaufsicht habe insbesondere gerügt, dass Harald Buschmann insoweit gegen die Dienstanweisung der Stadt Erbach verstoßen habe, als er neben der unzulässigen Rückdatierung von Auftragsvergaben auch projektbezogene Aufträge jeweils unter die ihm zustehende Alleinverfügungsberechtigung von 20.000 Euro je Projekt gestückelt habe.

Auf diese Weise hatte Harald Buschmann städtische Aufträge an die Erbacher Agentur Lebensform GmbH, der Firma seines Wahlkampfmanagers Johannes Kessel, der Zustimmungspflicht des Magistrats und/oder der Stadtverordnetenversammlung entzogen.

So wurden beispielsweise zum Erbacher Wiesenmarkt 2017 der Firma Lebensform durch den Bürgermeister im Alleingang Aufträge im Gesamtvolumen von gut 51.000 Euro entgegen der für ihn geltenden Dienstanweisung erteilt, und die einzelnen Auftragsvergaben im September 2017 schriftlich auf den Zeitraum zwischen April und Juni 2017 rückdatiert.

Selbstanzeige wurde zum Bumerang

Die Rückdatierungen der Wiesenmarktaufträge hat Harald Buschmann im Januar 2018 nach einem entsprechenden FACT-Bericht vom 08. Januar (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews) eingeräumt und am 11.01.2018 Selbstanzeige bei der Kommunalaufsicht erstattet (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Diese Selbstanzeige war mit der erfolgten Rüge zum Bumerang für den Bürgermeister geworden (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).