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Entega-Vorstandsvorsitzende stellt Bürgerinitiativen unter kriminellen Generalverdacht

Die Windkraftanlagen (hier eine Fotomontage) bei Wald-Michelbach stehen aktuell einmal mehr im öffentlichen Fokus durch die Äußerungen der Entega-Vorstandsvorsitzenden, die...

...Mitglieder der Bürgerinitiativen rund um das Stillfüssel unter kriminellen Generalverdacht stellt, während...

...das erste Windrad dort aktuell ans Netz gehen soll. Fotos: BI-Ulfenbachtal / Wikipedia / mk-Presse

Dr. Marie-Luise Wolff beschuldigt Windkraftgegner der Straftaten, erklärt den Rechtsstreit um die Stillfüssel-Genehmigung für Windkraftanlagen höchst überraschend einseitig für beendet und erntet heftigen Gegenwind

ODENWALD / DARMSTADT. - „Unfassbar! Die Vorstandsvorsitzende des Darmstädter Energiekonzerns Entega, Dr. Marie-Luise Wolff, bezichtigt Mitglieder der Bürgerinitiativen rund um den Windpark Stillfüssel der Sachbeschädigungen und stellt unsere Initiative, die sich genau gegen mehrfache Rechtsbrüche im Genehmigungsverfahren durch das Regierungspräsidium Darmstadt wendet, und dagegen inzwischen auch vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel klagt, unter einen völlig haltlosen und unbewiesenen kriminellen Generalverdacht“, teilen die Bürgerinitiativen (BI) Gegenwind Siedelsbrunn und Ulfenbachtal aktuell in einer Presseerklärung mit.

„Die Bürgerinitiativen Gegenwind Siedelsbrunn und Ulfenbachtal weisen diese Vorwürfe entschieden zurück. Für uns sind Rechtsbrüche durch Sachbeschädigungen ebenso verabscheuungswürdig wie Rechtsbrüche in Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen!“

Dr. Wolff forderte, die Unterstützung für Bürgerinitiativen einzustellen

Die Windkraftgegner seien „in der Wahl ihrer Mittel nicht gerade zimperlich“, wenn es darum gehe, „gegen den genehmigten Windpark Stillfüssel vorzugehen“, beklagte zuvor Dr. Marie-Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende des Darmstädter Energiekonzerns Entega in einer Neujahrsgrußbotschaft an Matthias Wilkes, und fordert den früheren Bergsträßer Landrat angesichts mehrerer Sachbeschädigungen an der Baustelle Stillfüssel unmissverständlich auf, seine Unterstützung für die Bürgerinitiativen einzustellen.

„Auch wenn bisher nicht nachgewiesen ist, dass Mitglieder der Bürgerinitiativen für die Sachbeschädigungen verantwortlich sind, dürfte außer Frage stehen, dass es sich um Windkraftgegner handelt“, sieht Dr. Marie-Luise Wolff faktisch alle Windkraftgegner als kriminelle Gegner des von ihr geführten Konzerns.

„Grenze erreicht, wenn Straftaten nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden können“

Die Entega-Vorstandsvorsitzende kritisiert Wilkes' Engagement für die Windkraftgegner und räumt ein, man könne zum Thema Windkraftausbau in Hessen stehen, wie man wolle und könne selbstverständlich entsprechende politische Akzente setzen.

„Die Grenze ist aber meines Erachtens dann erreicht, wenn Windkraftgegner verbal unterstützt werden, bei denen die Begehung von Straftaten nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann“, schrieb Wolff.

Die Konzernchefin klärt Wilkes in diesem Schreiben weiter darüber auf, eine Klage der Bürgerinitiativen gegen die Windpark-Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt mit dem Ziel einen Baustopp zu erwirken, sei „in letzter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel zurückgewiesen worden“.

„Engagement nur auf Basis der freiheitlichen Demokratie“

„Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich nur auf der Basis unserer freiheitlichen Demokratie engagiere und Rechtsbruch in jeder Weise ablehne.“ Es sei für ihn allerdings völlig inakzeptabel, „wenn Sie für die entega verlangen, dass der im Strafrecht geltende Grundsatz >in dubio pro reo< in der politischen Auseinandersetzung, in die sich die entega bewusst begeben hat, für andersdenkende, kritische Bürger keine Geltung mehr haben soll“, kontert Matthias Wilkes und hat den betreffenden Bürgerinitiativen den Schriftverkehr zur Kenntnis zugeleitet.

„Ich werde niemanden verbal und erst recht nicht in anderer Weise für oder bei der Begehung von Straftaten unterstützen. Allerdings gilt für jeden Bürger und selbstverständlich auch für Bürger, die sich in von unserer Verfassung geschützten Bürgerinitiativen engagieren – auch wenn dies einem Unternehmen nicht gefällt – die Unschuldsvermutung des Strafrechts so lange, bis ein strafrechtliches Verhalten von der hierfür allein zuständigen Justiz abschließend festgestellt worden ist.“

Unschuldsvermutung auch für diejenigen, die eventuell Nester geschützter Vögel zerstört haben

Die gleiche Unschuldsvermutung gelte im Übrigen „auch für diejenigen, die z.B. in krimineller Art und Weise vor Bauantragsstellung möglicherweise Nester geschützter Vögel zerstört haben“, entgegnet der frühere Bergsträßer Landrat weiter.

Mit der Forderung, dass Windkraftgegner nicht verbal unterstützt werden dürften, „bei denen die Begehung von Straftaten nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, stellen Sie alle Windkraftgegner unter kriminellen Generalverdacht.

Diese Haltung ist aus meiner Sicht mit den rechtsstaatlichen Grundlagen in unserer Demokratie nicht vereinbar. Ich bitte Sie sehr eindrücklich, dieses Forderung zu überdenken.“

Bauvorhaben der entega bricht geltendes Naturschutzrecht

Über das Strafrecht hinaus seien allerdings auch andere Vorschriften unseres Rechtsstaats relevant. „Mit großer Betroffenheit habe ich ein Gutachten eines renommierten Professors der Universität Heidelberg zur Kenntnis genommen, in dem dieser aufgrund von profunden Beobachtungen und fachlichen Darlegungen im Ergebnis feststellt, dass das Bauvorhaben der entega geltendes Naturschutzrecht bricht.

Anders als Sie schreiben, sind diese Fragen um die Rechtmäßigkeit des Baus der Windindustrieanlagen in Waldmichelbach noch nicht abschließend gerichtlich geklärt. Der von Ihnen zitierte Gerichtsbeschluss betraf nur den sogenannten >Hängebeschluss<. Sowohl das Eilverfahren, als auch die Option der gerichtlich Beteiligten auf ein Hauptsacheverfahren sind noch nicht entschieden.“

Insoweit stünden weiterhin die von Wolff zitierten rechtsstaatlichen Interessen der entega, „den rechtsstaatlichen Interessen derjenigen gegenüber, die aus ihrer Interessenlage den Industriestandort auf dem Stillfüssel bekämpfen“.

„Durchgeschnittenes Kabel vermutlich ein Verlegeschaden“

„Das ist schon ein starkes Stück, was sich Frau Dr. Wolff da leistet“, sieht ein mit den lokalen, technischen und fachlichen Gegebenheiten Vertrauter die für den Schriftwechsel ursächlichen Sachbeschädigungen unter einem völlig anderen Aspekt.

„Bei dem durchgeschnittenen Kabel handelt es sich vermutlich um einen Verlegeschaden. Ich habe mit Leuten gesprochen die die Stelle kennen, da wäre man ohne Bagger überhaupt nicht ran gekommen.“

Der Kabelzieher sei bei Sabotage natürlich aus der Haftung. „Die Genehmigungen für die Entega wurden ja bekanntlich vor Jahresende 2016 erteilt. Zwei Tage später und die Entega hätte rund 1 Million Euro pro Jahr weniger am Stillfüssel zu erwarten.

„Strippenzieher weist Schaden von sich: Dann waren es die bösen Windkraftgegner“

Jetzt ist diese noch im alten Schema verblieben. Das hat aber auch den Nachteil, dass der Fördersatz, der bei erstmaliger Inbetriebnahme für 20 Jahre festgelegt wird, jedes Quartal leicht abgeschmolzen wird. Damit ist der Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme und Einspeisung ins Netz so wichtig.“

Verzögere der sich um ein Quartal entstehe ein Millionenschaden auf 20 Jahre gerechnet. „Klar dass dies jeder Strippenzieher von sich weist, denn das würde die meisten finanziell ruinieren. Da waren es eben die bösen Windkraftgegner.“

Das gleiche gelte wahrscheinlich auch für die angeblichen Sabotagen an Baugeräten. „Da hat sich möglicherweise ein Bauunternehmer mal einen Satz neue Hydraulikschläuche von der Versicherung bezahlen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Windkraftgegner dort so etwas machen“, betont der Insider abschließend.