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Keine Problemerkenntnis ohne Gegenwind-Initiativen

ODENWALD / BEERFELDEN / ROTHENBERG. - Ohne die Informationen der Bürgerinitiativen Gegenwind und deren Darstellungen, mit denen die gigantischen Rotoren in der Landschaft sichtbar gemacht wurden, wäre die Landschaftszerstörung nicht ins Bewußtsein der Bevölkerung gerückt worden, stellten die Akteure der Bürgerinitiative Gegenwind Beerfelden-Rothenberg in ihrer jüngsten Sitzung erneut fest.

Erst durch ihre öffentlich gemachte Problematisierung hätten die Natur- und Landschaftsschützer die Betroffenheit der Menschen durch riesige Windindustrieanlagen in den Wäldern auf den Odenwaldhöhen einen allgemeinen Bewusstseinsprozess ausgelöst.

Die offizielle Politik hingegen und die für das Gemeinwohl zuständigen Behörden würden die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der betroffenen Lebensverhältnisse der Bürger verschweigen, verharmlosen und beschönigen.

„In der jüngsten Zeit erkennen immer mehr Menschen angesichts der konkreten Wahrnehmung das Ausmaß der Umzingelung und die Bedrängung ihrer Wohnsituation durch Geräuschentwicklung und rote Blinklichter in der Nacht. Dies erkennen die Windradgegner aus den zunehmenden Zustimmungen und der spürbaren Ratlosigkeit der Odenwälder.

Schließlich waren es die Bürgerinitiativen, die sich auf eigene Kosten mit Fragen des Artenschutzes befasst haben und auf die Bedrohung des Trinkwassers und die Probleme der Waldbrandbekämpfung hingewiesen haben, was nach Gesetz und Recht öffentliche Aufgabe der staatlichen Stellen gewesen wäre dies zu tun.“

Stattdessen würden weite Teile der demokratisch gewählten Mandatsträger schweigen und zuständige Träger öffentlicher Belange hätten sich dieser Aufgabe im Interesse der Bürger nicht angenommen. So seien die Folgeprobleme des Rotorenbaus und der damit verbundenen Waldzertörung den Bürgern gegenüber leichtfertig und gar wissentlich verschleiert worden.

„Häufig wird Windkraftgegnern der Vorwurf gemacht, gegen Windkraft zu sein, ohne Alternativen bieten zu können. Es ist nicht Aufgabe der Bevölkerung, Alternativen zu entwickeln. Vielmehr darf die wissenschaftliche Forschung nicht zu Gunsten der Windindustrie unterdrückt und vom hochsubventionierten Marktgeschehen ferngehalten werden“, stellen die Vertreter der Bürgerinitiative Gegenwind fest.

Wie die Naturschutzinitiative mitteilt, kommt eine von ihr veranlasste Untersuchung der Aufstellung mit 35 Vorranggebieten im Raum Odenwald zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben der Europäischen Union zur Strategischen Umweltprüfung regionalplanerisch nicht hinreichend umgesetzt worden seien.

Schon jetzt werde bei den Genehmigungen im Odenwald gegen geltendes Recht verstoßen. So sei der Windpark „Greiner Eck“, der im Regionalplan ursprünglich als Ausschlussfläche für Windkraft vorgesehen war und mitten in einem europäischen FFH-Gebiet ersten Ranges liegt, ohne die zwingend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt worden.

Auch die Genehmigung des Windparks „Stillfüssel“ verstoße gegen geltendes Naturschutzrecht, weil dort zahlreiche streng geschützte Vogelarten nachgewiesen wurden.

Die Bürgerinitiative erkenne, dass in der Rechtsprechung eine mittlerweile höhere Nachdenklichkeit eingetreten sei. Das Verwaltungsgericht Darmstadt habe die Klage des Betreibers VBV Wind GmbH für den Windpark Flockenbusch gegen den bereits erteilten Rückstellungsbescheid abgewiesen!

Wie der Hunsrück solle nach dem Willen des Landes und des Regierungspräsidiums Darmstadt der strukturschwache Odenwald zur Energielandschaft werden. Für die politische Führung und für die Betreiber der Windparks sei dies ein notwendiger Landschaftsumbau, für viele Menschen in diesem Landschaftsraum sei es jedoch die Zerstörung ihrer Heimat, so die Einschätzung der Mitglieder der Bürgerinitiative Gegenwind.

Sie kritisiert in ihrer Pressemitteilung, dass von der Bundesregierung nach und nach – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – die Gesetze angepasst würden, damit das Naturzerstörungswerk und der Umbau der Naturlandschaft Odenwald möglichst rasch realisiert werden könne.

So sei zum Beispiel am 22. Juni in einer Nachtsitzung des Bundestages das Bundesnaturschutzgesetz geändert worden. Die Folge: Beim Betrieb von Windindustrieanlagen sei es künftig gesetzlich erlaubt, einzelne Tiere, zum Beispiel Milane, Schwarz- und Weißstörche, Eulen und Fledermäuse, zu töten, „wenn das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung unvermeidbar ist“.

Der Windpark „Kahlberg“ sei genehmigt worden, obwohl bei der Beseitigung der Bodendecke und einem Eingriff in den wasserführenden Sandstein eine Verschmutzung der Quelle für die Trinkwasserversorgung der beiden Mossautaler Ortsteile Hiltersklingen und Hüttenthal gefährdet ist, wie selbst die Fachbehörde einräume.

Wie berichtet, hat das Darmstädter Verwaltungsgericht aufgrund einer Klage der Gemeinde Mossautal den Sofortvollzug von zwei der geplanten fünf Windräder aufgehoben und die Arbeiten gestoppt.

Daher sei es den Windparkgegnern bedeutsam, darauf hinzuweisen, dass die Wähler bei der Bundestagswahl die Möglichkeit haben, die Haltung und Positionen der Kandidaten der politischen Parteien zur Zerstörung der Odenwaldlandschaft zu erkunden und bei ihrer Stimmabgabe zu bewerten.

„Insofern halten die Bürgerinitiativen Gegenwind die Wahlbeteiligung für sehr wesentlich, weil die Wahlergebnisse und Sitzverteilungen nach Prozenten erfolgt und die Stimmenthaltung nicht zählt. Nichtwähler können daher ihre Meinung nicht in den Wahlergebnissen wieder finden.“

Die Bürgerinitiativen Gegenwind könnten zwar die Probleme der Landschaftszerstörung und die Veränderung der Lebensqualität durch Windkraftanlagen umfangreich benennen, seien aber auf die Unterstützung durch die Bürger und deren Meinungsbild angewiesen, um letztlich Schaden vom Odenwald abzuwenden.

„Insofern hoffen die 30 Bürgerinitiativen, die im Verbund >Schutzgemeinschaft Odenwald/Rettet den Odenwald< auf ein klares Wahlergebnis bei der Bundestagswahl, durch das in einer neuen Bundesregierung Einfluss genommen wird auf die Privilegierung im Bundesbaugesetz und die Verhinderung von Rotoren auf den bewaldeten Höhen des Odenwaldes.“

Nur veränderte Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene und im kommenden Jahr bei der Landtagswahl in Hessen könnten letztlich durch Gesetz und nachfolgender Rechtsverordnung den Eingriff in Natur und Landschaft verhindern.

Ohne Änderung des geltenden Rechts bestehe weiterhin die Gefahr, dass die Energiewende zu einer kulturellen Wende werde, in der Natur und Umwelt angeblich geschont werden, aber gleichzeitig ihre Schönheit und ihr Frieden für die Bewohner und die Erholungssuchenden zerstört werde.