Mutiert das Erbacher Südstadtprojekt zum Mega-Flopp?
Der Entwickler des Projekts sieht sich ob bescheidener Einkünfte aktuell nicht in der Lage den Kaufpreis der beiden von ihm erworbenen Grundstücke zu bezahlenERBACH, - Das ambitionierte Erbacher Südstadtprojekt, Mitte des Jahres 2022 als Heilsbringer in Sachen dringend benötigtem Hotel in der Kreisstadt zuzüglich Boardinghaus wie auch einem zukunftsorientierten Ärztezentrum am Standort des Gesundheitszentrums des Kreises sowie einem großzügigen Parkdeck am Ende der Friedrich-Ebert-Straße zur Illigstraße gestartet, droht aktuell als Mega-Flopp zu enden.
Das ergibt sich aus einer eidesstattlichen Erklärung, die der Projektierer des Südstadtprojekts zur Vollstreckungsabwehr gegenüber dem Verkäufer eines Grundstücks, der den Kaufpreis eintreiben wollte, abgegeben hat.
Der Verkäufer sieht die im notariellen Kaufvertrag verankerten aufschiebenden Bedingungen zur Wirksamkeit des Kaufvertrags als erfüllt und hatte nach mehreren vergeblichen Mahnungen zur Kaufpreiszahlung das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet.
Eidesstattliche Erklärung und Gegenklage
Diesem widersetzte sich der in Bayern lebende Projektierer, der auf dem von ihm erworbenen Grundstück ein Ärztehaus errichten will, und startete nach der eidesstattlichen Erklärung eine Gegenklage.
Die ursprünglichen Pläne von drei Ärztehäusern, dem Boardinghaus sowie dem geplanten Parkdeck für rund 170 Fahrzeuge in der Erbacher Südstadt waren schon kurze Zeit nach Vorstellung des Gesamtprojekts gescheitert weil die weiteren Grundstückseigner, eine international tätige Berliner Investorengruppe, dem Grundstücksverkauf nur zu „Mondpreisen“ (so ein Insider) zugestimmt hätte.
„Laufendes Einkommen nur durch Altersrente“
In seiner eidesstattlichen Erklärung gegenüber dem Erbacher Geschäftsmann erklärte der Projektierer am 16. Februar 2024, er verfüge nur über Vermögensgegenstände im Rahmen einer bescheidenen Lebensführung. Laufendes Einkommen erziele er durch seine Altersrente, weshalb er nicht in der Lage sei den Kaufpreis derzeit zu zahlen.
Er verfüge nicht über das liquide Vermögen, um eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Die Kaufpreise für die beiden von der Stadt Erbach und dem Unternehmer erworbenen Grundstücke seien finanziert.
Die Auszahlung der Darlehenssummen sei bedingt auf die Erteilung der von ihm beantragten Baugenehmigungen. Da die Baugenehmigungen noch nicht erteilt worden seien, habe er keinen Zugriff auf die Finanzierungsmittel.
Auch der Kaufpreis an die Stadt Erbach ist noch nocht gezahlt
Seit mehr als eineinhalb Jahren beschäftigten sich die Kreisstadtgremien mit dem gesamten Südstadtprojekt mehr oder weniger häufig in unterschiedlicher Intensität.
In der jüngsten Parlamentssitzung ging es Mitte Dezember vergangenen Jahres bei dieser Thematik auch um eine Fristverlängerung zur Kaufpreiszahlung in Höhe von 600.000 Euro für den Erwerber des im Besitz der Stadt Erbach befindlichen Grundstücks des ehemaligen Möbelhauses Schmidt.
Der Erwerber als Projektierer des gesamten Projekts hatte für ein Ärztehaus neben dem im städtischen Besitz befindlichen Areal des ehemaligen Möbelhauses ein weiteres Grundstück in unmittelbarer Nähe an der Friedrich-Ebert-Straße von einem früher dort ansässigen Getränkehändler käuflich erworben.
Verkäufer sieht aufschiebende Vertragsbedingungen erfüllt
In beiden, im August 2022 geschlossenen, Kaufverträgen sind aufschiebende Bedingungen zur Wirksamkeit verankert. Diese beziehen sich im Kaufvertrag mit der Stadt auf die Schaffung des Baurechts für ein Hotel, das bis Ende 2023 erledigt sein musste.
Diesen Pflichtauftrag erledigte das Erbacher Stadtparlament Ende Juni vergangenen Jahres. Per 04. Juli 2023 erlangte das im Vertrag verlangte >Baurecht< für ein Hotel ebenso Rechtskraft, wie auf dem zweiten Areal die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Ärztehaus erfüllt waren.
Pflichten der Stadt Erbach sind erfüllt
Ab diesem Zeitpunkt waren die Pflichten der Stadt erfüllt, wie am 14. Dezember auch von mehreren Sprechern unterschiedlicher Fraktionen im Stadtparlament betont wurde: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, hieß es dazu nahezu einhellig.
Die Kaufsumme von 600.000 Euro wäre mithin schon zur Wiesenmarktzeit 2023 fällig gewesen. Stattdessen bat der Erwerber via Magistrat der Stadt Erbach zum Jahresende 2023 um eine Fristverlängerung bis zur Erteilung der von ihm im November 2023 beim Kreisbauamt eingereichten Bauanträge.
Zahlungsfrist durch Stadtparlament bis 30. Juni verlängert
Diese Frist wurde ihm schlussendlich nach intensiven Diskussionen und durchaus konträren Standpunkten im Stadtparlament mehrheitlich bis 30. Juni 2024 unter der Bedingung gewährt, dass er die Zinslast der Stadt für die Zeit der Fristverlängerung in Höhe der Kaufsumme übernimmt.
Auch wenn Einmütigkeit in den Gremien bestand, dass die aufschiebenden Bedingungen im Kaufvertrag mit der Stadt Erbach seit Rechtskraft des Bebauungsplans per 04. Juli 2023 erfüllt sind.
Ein mehr als fragiles Gebilde „mit starker Tendenz zur Luftnummer“
Angesichts der jetzt offenbarten Vermögensverhältnisse des Projektierers ist er aber offenbar erst nach Vorliegen der Baugenehmigung und entsprechendem Weiterverkauf an einen Investor in der Lage die Kaufsumme zu leisten.
Und ob er selbst nach Genehmigung der von ihm – bisher offenbar nur unzureichend – eingereichten Baupläne einen oder mehrere Investoren nebst Betreiber für das Hotel findet, bleibt ebenso fraglich. So bleibt das vor eineinhalb Jahren präsentierte Erbacher Südstadtprojekt ein mehr als fragiles Gebilde „mit starker Tendenz zur Luftnummer“, wie es ein Erbacher Bürger formulierte.