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Wichtig ist, ganz da zu sein

Pfarrerin Gabriele Heckmann-Fuchs wird im Gottesdienst am Sonntag, 15. Januar 2023, ihre neue Pfarrstelle in in Dieburg. Foto: SIlke Rummel

Gaby Heckmann-Fuchs verlĂ€sst die Kirchengemeinde Groß-Bieberau und wechselt zum 1. Januar nach Dieburg

ODENWALD / DIEBURG. - Wenn Gabriele Heckmann-Fuchs, die alle nur Gaby nennen, von ihrem Amtszimmer im aufwÀndig renovierten Dieburger Gemeindehaus aus dem Fenster schaut, blickt sie direkt auf die evangelische Kirche.

Ein beeindruckendes Bild. Das Amtszimmer hat sie schon bezogen, eingerichtet mit gebraucht gekauften Möbeln – wegen der Nachhaltigkeit.

Ein Regal, ein Teppich, ein kleiner Besprechungstisch, vier StĂŒhle, zwei BĂŒroschrĂ€nke, eine kleine SpĂŒle. Ein Sofa mit Schlaffunktion soll noch dazu kommen, wenn es mal spĂ€ter wird oder das Wetter ungĂŒnstig.

Dass die 59-JĂ€hrige nun Pfarrerin in Dieburg wird, hat sich eher zufĂ€llig ergeben. Oder gefĂŒgt. „Mein Mann und ich sind schon immer gerne in Dieburg“, sagt sie. Die beiden mögen das StĂ€dtchen, schĂ€tzen die gemĂŒtliche und persönliche AtmosphĂ€re.

Seit 2020 ist Gaby Heckmann-Fuchs im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald. Als die Pfarrstelle in Ernsthofen, ihre „Herzensstelle“, wo sie 19 Jahre lang war, halbiert wurde, hat sie sich ganz bewusst umgesehen und schließlich mit halber Stelle in Groß-Bieberau angefangen und mit der anderen halben Stelle Vakanzvertretungen ĂŒbernommen.

Erst in Babenhausen, nach dem Weggang von Dieter Schmidt vor einem Jahr dann in Dieburg. Als die Pfarrstelle zum zweiten Mal ausgeschrieben wurde, habe sie sich beworben, nachdem sie immer öfter darauf angesprochen worden war.

Es beeindrucke sie, wie der Kirchenvorstand als Team funktioniere – „ein Miteinander auf Augenhöhe“, das entspreche ihrem VerstĂ€ndnis von Gemeindearbeit. Gleiches gelte fĂŒr die ökumenische Zusammenarbeit – unkompliziert.

Ihr Mann ist Pfarrer in Modau

Gaby Heckmann-Fuchs ist in Reinheim aufgewachsen und machte Abitur an der Albert-Einstein-Schule in Groß-Bieberau. Sie studierte Theologie in Neuendettelsau und Heidelberg, absolvierte das Vikariat, also die praktische Ausbildung fĂŒr den Pfarrberuf, in einem dörflichen Kirchspiel bei Limburg, war anschließend in zwei stĂ€dtischen Kirchengemeinden in RĂŒsselsheim, dann in Rheinhessen und schließlich in Ernsthofen.

Anfangs teilten sie und ihr Mann Joachim Fuchs sich die Pfarrstelle, auch, um die beiden Söhne Benjamin (26) und Jonathan (24) gemeinsam großzuziehen. 2010 ĂŒbernahm ihr Mann die Pfarrstelle in Modau, wo sie seit einem Jahr in einer Eigentumswohnung leben, weil das Pfarrhaus umgebaut wird.

Dass sie jetzt knapp 20 Kilometer zur Arbeit pendelt, ist fĂŒr die 59-JĂ€hrige neu. „Ich habe es immer genossen, mittendrin zu wohnen und mit den Menschen zu leben.“ So mĂŒsse man sich nun gut organisieren und die Termine bĂŒndeln. „Wichtig ist, dass wenn ich da bin, ich ganz da bin“, sagt die Theologin.

PrÀsenz und Zugewandt-Sein sind ihr ganz wichtig. Und WertschÀtzung. Als die Organistin in Ernsthofen nach der Geburt ihres Kindes gerne weiter Orgel spielen wollte, aber keinen Babysitter hatte, organisierte Gaby Heckmann-Fuchs kurzerhand allwöchentlich die Kinderbetreuung.

„Ich steige ein in das, was da ist, fĂŒge mich ein und gucke, wo Potenzial ist“, schildert sie ihre Haltung, mit der sie in die neue Stelle in Dieburg geht. Dass sie mit der Kita Odenwaldstraße wieder fĂŒr eine KindertagesstĂ€tte zustĂ€ndig sein wird, empfindet sie als „große Bereicherung“.

In Groß-Bieberau habe sie Erfahrungen mit einer Kita gesammelt, in dem umfangreichen religionspĂ€dagogischen Projekt „Gott ist die grĂ¶ĂŸte Frage“ viel gelernt.

„Frag Pfarrer DragĂ€sser“

„Mir macht mein Beruf immer noch Mordsspaß, warum sollte ich zu Hause sitzen und Rezepte ausprobieren?“, sagt Gaby Heckmann-Fuchs und lacht. Zimtwaffeln und Dinkelkekse hat sie gleichwohl an diesem Morgen vor Weihnachten mitgebracht. Backen tut sie gerne, das gehört zu Weihnachten dazu.

Dass sie sich dazu entschied, Pfarrerin zu werden, hat eng mit ihrer Familiengeschichte zu tun. Als ihr Bruder tödlich verunglĂŒckte, war sie zehn Jahre alt. Der Unfall habe die Familie „aus den Angeln gehoben“. Der Reinheimer Pfarrer Udo DragĂ€sser wurde fortan zum Familienseelsorger und spĂ€ter zum Freund.

„Er hat uns viel StabilitĂ€t gegeben“, sagt Gaby Heckmann-Fuchs. Sie selbst engagierte sich im Kindergottesdienst, arbeitete in der Gemeinde mit. Als es darum ging, welchen Beruf sie erlernen könnte, hieß es in der Familie: „Frag Pfarrer DragĂ€sser“.

Sie fragte ihn und er riet ihr zu, Pfarrerin zu werden. Bereut hat sie es nie. Die Verbindung zu Gott sei elementar fĂŒr sie. „Ich könnte diesen Beruf nicht machen, ohne das GefĂŒhl, dass da jemand mit mir geht.“

Das will sie weitergeben, am besten im direkten Miteinander oder im Erleben der SpiritualitĂ€t, auch wenn die religiöse Bindung generell bröckelt. „Es ist wichtig, in dieser Gesellschaft zu zeigen, dass wir einen Schatz hĂŒten.“

Glaube ist fĂŒr Gaby Heckmann-Fuchs ein Grundvertrauen, dass da jemand ist; aber auch ein Ringen um richtige Wege, Antworten und offene Fragen. „Glaube ist mit dem Leben immer in Bewegung.“

Ein Spruch von Eva Zeller, den sie lange im Geldbeutel getragen hat, bringt es fĂŒr sie auf den Punkt: „Wer weiß, ob nicht der Schnee von gestern heute fĂ€llt. Wer weiß, ob nicht mein Kinderglaube das letzte Wort behĂ€lt.“

Pfarrerin Gabriele Heckmann-Fuchs wird im Gottesdienst am Sonntag, 15. Januar, 10 Uhr, unter Mitwirkung von Dekan Joachim Meyer und Pfarrerin Dorothee Benner in der evangelischen Kirche Dieburg eingefĂŒhrt. Anschließend ist der Neujahrsempfang im Gemeindehaus und Mitwirkung des Chors ProVokale.