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Landwirtschaft gab seinem Leben Struktur

Gotthard John feiert am Donnerstag, 29. April, im Alten- und Pflegeheim Rosenhöhe in Bad König seinen 95. Geburtstag. Foto: Ernst Schmerker

Gotthard John feiert seinen 95. Geburtstag

MICHELSTADT / BAD KÖNIG. - Auch wenn Gotthard John längst Odenwälder ist, seine preußische Erziehung und Lebensart hat er bis ins hohe Alter beibehalten.

Lange Jahre hat er mit seinem Frau Inge im schmucken Eigenheim an der Leipziger Straße 11 in Michelstadt gelebt. Seit geraumer Zeit wohnt er im Alten- und Pflegeheim Rosenhöhe an der Kimbacher Straße 218 in Bad König, wo am Donnerstag, 29. April, sein 95. Geburtstag gefeiert wird.

Oft gehen die Gedanken des Jubilars zurück in ein vom Krieg und dessen Folgen geprägtes Leben. Als Sohn eines Rittergutsbesitzers im Dorf Moythienen in der heute polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren im ehemaligen Ostpreußen geboren, ist er mit noch sechs Geschwistern aufgewachsen.

Vier Jahre besuchte er die Volksschule in seinem Heimatort, später dann das Hindenburg-Gymnasium in Ortelsburg. Und weil der Vater Jagdherr in einem 2000 Morgen großen Revier war, konnte es nicht ausbleiben, dass auch den Filius sehr früh die Jagdleidenschaft packte.

So kam es, dass er kurz vor dem Notabitur schon im Alter von nur 16 Jahren seinen Jagdschein besaß. Der Umgang mit der Waffe war sicher mit ein Grund, Gotthard nach der Reichsarbeitsdienstzeit zur Infanterie nach Allenstein einzuziehen.

Nach der Grundausbildung machte er den Rückzug vor den russischen Truppen mit, besuchte zwischenzeitlich die Offiziersschule in Rostock, ehe er am 17. April 1945 als Fähnrich bei Kassel in amerikanische Gefangenschaft geriet.

Sechs Wochen Lager auf den berüchtigten Rheinwiesen bei Remagen überlebte er als Hilfskoch besser als viele seiner 30.000 Kameraden.

Da der Vater als Oberstleutnant in Norwegen gefallen war und die Mutter vom Rittergut vertrieben in Sibirien Zwangsarbeit verrichten musste, ließ sich Gotthard John zu Verwandten nach Bayern entlassen.

Mit dem Güterzug ging´s nach Oberaudorf im oberbayrischen Landkreis Rosenheim, wo der Berufseinstieg mit einer dreijährigen Landwirtschaftslehre glückte.

Stationen der Ausbildung war ein Haflingergestüt in Kiefersfelden, ein Pachthof mit Ackerbau in Niederbayern und der Besuch der landwirtschaftlichen Winterschule in Mühldorf, die er mit dem sehr gut benoteten Gehilfenbrief verließ.

Im Alter von nur 22 Jahren übernahm der Junglandwirt als Verwalter das 400 Morgen große Gut Wallerdorfs im Kreis Landau, das sich auf intensiven Ackerbau, Saatzucht und Zuckerrübenbau spezialisiert hatte.

Nach zwei weiteren beruflichen Stationen in der Schweiz waren die finanziellen Voraussetzungen für den Besuch der Höheren Landbauschule in Michelstadt gegeben. Beim traditionellen Jahresball der Friedrich-Aereboe-Schule lernte er auch seine spätere Frau kennen, mit der am 9. Januar 1955 die Ringe getauscht wurden.

Da auf diese Weise eine Michelstadt-Bindung entstanden war, kam der frisch gebackene staatlich geprüfte Landwirt zum Katasteramt, wo ihm die Einheitswertermittlung landwirtschaftlicher Flächen oblag.

Nach einer weiteren Zwischenstation als Verwalter des Hofgutes Patershausen im Landkreis Offenbach war der Fachmann als Vorführer von Landmaschinen der Firma Hüttenwerk und als Landmaschinenverkäufer der Firma Gloria-Maschinenbau in Metzingen/Dannenberg im Einsatz.

Eine besondere Herausforderung war der Aufbau eines Vertriebsnetzes für die dänische Landmaschinenfirma Kongskilde in Deutschland, Österreich und der Schweiz, der gleichzeitig mit dem Bau des Eigenheimes erfolgte.

Die letzten Erwerbsjahre vertrieb der Agrarfachmann in Eigenregie mit Erfolg landwirtschaftliche Maschinen und Gerätschaften, vorwiegend aus dänischer Herstellung. Trotz der geschäftlichen Aktivitäten fand Gotthard John Zeit für Jagd und Reisen.

Bei Graf Alfred, dem politischen Ziehvater der Ehefrau Inge, hatte er „freie Büchse“ auf dem Revier Reußenkreuz ebenso wie im Jagdgebiet der Familie Kübler in Hüttenthal. Jagdreisen führten nach Ungarn, in die Masuren, nach Namibia.

Nach dem Tod der Ehefrau, die sich über Jahrzehnte als Kommunalpolitikerin Verdienste erworben hat, kümmerte sich der Altersjubilar um seinen Adoptivsohn, der seit dem ersten Lebensjahr im Haus aufgewachsen ist und Umwelttechnik und Informatik studiert hat.

Trotz gewisser körperlicher Einschränkungen beim Gehen nimmt Gotthard John aktiv am Tagesgeschehen teil. Er ist geistig voll auf der Höhe, politisch höchst motiviert, liest täglich die Tageszeitung von der ersten bis zur letzten Seite.