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„Bürgermeister und Stadtbaumeister wollten das Parlament hinter's Licht führen“

Die Umgestaltung des Marktplatzes vor dem Erbacher Schloss lässt die Emotionen hochkochen, weil sich Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung von Bürgermeister und Stadtbaumeister „hinter's Licht geführt“ fühlen. Foto: djv-Bildportal

Heftige Kritik an der Vorgehensweise der Erbacher Stadtverwaltung bei der Umgestaltung des Marktplatzes in der Odenwälder Kreisstadt

ERBACH. - Der Umgestaltungsplan von Stadtbaumeister Martin La Meir für den Erbacher Marktplatz erzeugt gewaltige Unruhe in der Bevölkerung der Odenwälder Kreisstadt. „Die vorgesehene Charakteränderung des zentralen Platzes in unserer Stadt lässt die Emotionen hochkochen“, sagt ein um das Wohl der Kreisstadt besorgter Erbacher und übt heftige Kritik an der Stadtverwaltung für deren Vorgehensweise.

Unstrittig in nahezu allen Bevölkerungskreisen ist dabei die Notwendigkeit der Sanierung und Umgestaltung des Marktplatzes selbst. Allein die vom Stadtbaumeister vorgelegte alternativlose Planung und die damit in Zusammenhang stehende Vorgehensweise bei der unabdingbaren Beteiligung der städtischen Gremien sind es, die Unruhe in der Bevölkerung erzeugen.

Die geplante Neugestaltung des Marktplatzes war auch Tagesordnungspunkt bei der jüngsten Sitzung des Erbacher Bauausschusses am Mittwoch, 8. Februar. Darüber beraten wurde jedoch nicht, weil es nach Aussage des Stadtbaumeisters „nichts Neues“ gebe, was den Ersten Stadtrat Erwin Gieß (ÜWG), der den abwesenden Bürgermeister Harald Buschmann (CDU) vertrat, dazu veranlasste, diesen Tagesordnungspunkt für den Magistrat zurückzuziehen.

Während Ausschussvorsitzender Michael Gänssle (ÜWG) davon sprach „Das Thema lässt hier keinen kalt“, begründete der Stadtbaumeister die aktuelle Situation damit, dass ein Erörterungstermin mit den Denkmalschutzbehörden bisher nicht zustande gekommen sei.

Das ist formal zweifellos richtig, aber eben nur die halbe Wahrheit, wie FACT-Recherchen belegen. Bereits zehn Tage vor der Parlamentssitzung am 15. Dezember vergangenen Jahres wurde der Stadtverwaltung in einem Schreiben der beteiligten übergeordneten Behörde mitgeteilt: „Der durch das Stadtbauamt der Stadt Erbach vorgelegte Entwurf ist in dieser Form denkmalschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig.“

Dieser mit Datum vom 5. Dezember 2016 versehene Brief wurde den Stadtverordneten in deren Sitzung jedoch vorenthalten. Vielmehr veranlassten sowohl Stadtbaumeister Martin La Meir als auch Bürgermeister Harald Buschmann die Stadtväter damals zu einer raschen Beschlussfassung, und setzten sie somit unter Druck.

Weil der vorliegenden Planentwurf des Stadtbaumeisters der Denkmalschutzbehörde noch zur Prüfung vorgelegt werden müsse, und bei deren eventuellen Einwendung immer noch geändert werden könne, sei ein rascher Beschluss erforderlich. (Siehe auch FACT-Beitrag >Neugestaltung Marktplatz: „Eine Barriere und Stolperfalle mitten in der Stadt“<, unter www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews)

Es versteht sich von selbst, dass bei einer unerlässlichen Sanierung des in die Jahre gekommenen Kopfsteinpflasters der Marktplatz insgesamt aufgehübscht werden soll, zumal aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP) dafür 1,2 Millionen Euro bereitgestellt wurden. Diese Erneuerung soll nach dem Willen des Stadtbaumeisters wie mehrerer Parlamentarier auch eine geringere Verkehrsbelastung mit sich bringen.

In das Genehmigungsverfahren einzubeziehen ist neben dem Landesamt für Denkmalschutz auch die Staatliche Verwaltung der Schlösser und Gärten in Hessen, als Verwalter des in Landesbesitz befindlichen Erbacher Schlosses.

Auch wenn bisher nicht gesprochen worden sei, hätten beide Ämter schon Stellungnahmen vorgelegt, sagte La Meir, verschweigt dabei indes, dass zumindest eine Stellungnahme schon deutlich vor dem Parlamentsbeschluss im Dezember 2016 erfolgte. Damals hatte der Stadtbaumeister noch argumentiert, der Beschluss sei aktuell erforderlich „um den Plan beim Denkmalschutzamt zur Genehmigung vorzulegen, um nicht drei bis vier Monate Zeit zu verlieren“.

Wenn er jetzt sage: „Es wird Änderungen geben“, dann stelle sich die unausweichliche Frage, „warum er die bekannten Fakten, der Plan sei in der vorliegenden Form nicht genehmigungsfähig, nicht schon in der Stadtverordnetensitzung am 15. Dezember vergangenen Jahres auf den Tisch gelegt hat“, monieren jetzt mehrere Mitglieder des Erbacher Parlaments.

Die jetzt von La Meir beklagte Situation „man bewege sich im luftleeren Raum“ sei insoweit hauptsächlich von ihm und dem Bürgermeister zu verantworten, da man „einmal mehr mit gezinkten Karten gespielt, und das Parlament hinter's Licht führen wollte“, wie ein Kritiker der Verfahrensweise bei der Erbacher Stadtverwaltung die FACT-Redaktion wissen lässt.