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Mossautal auf dem Weg zum Windradstopp am Kahlberg?

Der Bensheimer Rechtsanwalt Dr. Stefan Glatzl als Verfahrensbeauftragter der Gemeinde sieht gute Chancen, dass die Odenwald-Kommune Mossautal ihre Trinkwasserversorgung für Hüttenthal und Hiltersklingen retten und den Windradbau am benachbarten Kahlberg stoppen kann

HÜTTENTHAL / HILTERSKLINGEN. - „Die Klage Mossautals wird von den Richtern sehr ernst genommen und genau geprüft“, sagte Rechtsanwalt Dr. Stefan Glatzl (Bensheim). Er sehe deshalb durchaus „Chancen für ein Urteil im Sinne der Gemeinde Mossautal“.

Diese klagt vor dem Verwaltungsgericht wegen möglicher Gefährdungen für die Trinkwasserversorgung ihrer Ortsteile Hiltersklingen und Hüttenthal durch die Genehmigung des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt von fünf geplanten Windrädern auf dem benachbarten Kahlberg der Gemeinden Grasellenbach und Fürth im Kreis Bergstraße.

Zu dieser Thematik hatten sich zahlreiche interessierte Bürger zu einer Versammlung in Hüttenthal eingefunden, einem „absolut wichtigen Anlass“, wie der Mossautaler Bürgermeister Dietmar Bareis befand. „Wie kann es sein, dass aus reiner Profitgier unser Trinkwasser aufs Spiel gesetzt wird. Den Schaden tragen wir!“, hieß es demzufolge auch in der Einladung der Bürgerinitiative Kahlberg zu dieser Veranstaltung.

Die Entnahme von rund 62.000 Kubikmetern Wasser im Jahr 2016 aus der durch die Windkraftanlagen betroffene „Schmerbachquelle“ verdeutliche angesichts der im Entnahme-Bewilligungsbescheid jährlich erlaubten 70.000 Kubikmeter die Unverzichtbarkeit dieser lebensnotwendigen Quelle. Dies umso mehr, als Mossautal über keine Ringleitung verfüge, die im Notfall die Wasserversorgung aus den Quellen anderer Ortsteile sicherstellen könne, wie Bareis erläuterte.

Der mit 72 Seiten umfangreiche Genehmigungsbescheid für die Rotoren beinhalte zahlreiche Punkte, die von Bauherrenseite von vornherein nicht berücksichtigt worden seien. So hätte der Bau der Windräder mit den Betreibern der im Einzugsgebiet liegenden Quellen abgestimmt werden müssen. Dies sei ebenso wenig geschehen wie eine förmliche Beteiligung der Gemeinde Mossautal am Baugenehmigungsverfahren erfolgte.

Hier werde die Sicherheit qualitativ hochwertigen Trinkwassers zu Lasten der Allgemeinheit für immer aufs Spiel gesetzt, während den betroffenen Waldeigentümern satte Pachteinnahmen zufließen würden, beklagte der Bürgermeister.

Der Bau der für die Windräder nötigen Fundamente lasse massive Eingriffe in die Grundwasserleiter in hohem Maße befürchten, was eine dauerhafte Trübung und Verschmutzung des Trinkwassers zur Folge haben könnte.

„Es ist politischer Wille, diese Anlagen zu bauen. Wir können nur mit Argumenten unsere wichtigen Anliegen vorbringen“, resümiert Dietmar Bareis. „Bevor man etwas baut, müsste man aber zunächst die gesamten Auflagen erfüllen“, sagte der Bürgermeister.

Immerhin habe das RP in seiner Genehmigungsverfügung den Investoren zur Auflage gemacht, eine Ersatzwasserversorgung sicherzustellen, da die Schmerbachquelle nur 900 Meter von den geplanten Windkraftanlagen im Wasserschutzgebiet entfernt liege.

Empörung rief eine Stellungnahme des RP zur Mossautaler Klage hervor, in der die Darmstädter Genehmigungsbehörde eine Ersatzwasserversorgung mit Tankwagen nicht grundsätzlich ausschloss, mithin als zumutbar erachtet, was Beigeordneter Günter Bardohl scharf anprangerte.

Rechtsanwalt Dr. Glatzl als Verfahrensbeauftragter der Gemeinde machte auf eine Missachtung des Betreibers Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) aufmerksam. Demnach habe sich der Betreiber einer Aufforderung des Gerichts widersetzt die Rodungsarbeiten einzustellen, und sei dieser Anordnung nicht nachgekommen.

„EnBW hat sich damit keinen Gefallen getan.“ Auch die Argumentation der Gegenseite, die Wasserversorgung sei eine staatliche Angelegenheit und somit werde nicht in die Rechte der Gemeinde eingegriffen, sieht der erfahrene Jurist als nicht haltbar.

Bis Ende März solle nun durch die Verwaltungsrichter über die Aufhebung des Sofortvollzugs entschieden werden, nachdem das Gericht seinen Zeitplan inzwischen gestrafft habe. Im Falle des Mossautaler Obsiegens „müsste die EnBW alle Arbeiten am Kahlberg unverzüglich stoppen“, verdeutlicht der Bensheimer Anwalt.