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MdB Till Mansmann: Der eigene Körper ist nicht Allgemeingut

„Widerspruchslösung ist Eingriff in individuelle Selbstbestimmung - Die verpflichtende Entscheidungslösung ist der bessere Weg zu mehr Organspenden“

SÜDHESSEN / BERLIN. - Weitgehend unumstritten ist im Bundestag, dass sich bei der Organspende etwas ändern muss. Die doppelte Widerspruchslösung, die jeden erst einmal automatisch als potenziellen Spender ansieht - es sei denn, er oder sie widerspricht aktiv, ist in unseren Augen ein massiver Eingriff in die individuelle Freiheit und Selbstbestimmung eines jeden Menschen. Organspende ist eine Gewissensentscheidung.

Deswegen haben FDP-Abgeordnete als Teil einer fraktionsübergreifenden Gruppe einen Gegenentwurf erarbeitet: „Er sieht mehr Informationen und Handlungsmöglichkeiten vor“, sagt der südhessische FDP-Bundestagsabgeordnete Till Mansmann.

So könnten Bürger ihre Haltung zur Organspende etwa beim Abholen des Personalausweises in ein Zentralregister eintragen lassen. Auch sollen Hausärzte regelmäßig über Organspende beraten, denn sie verfügen über das nötige Fachwissen und genießen das Vertrauen ihrer Patienten. – „Hinter dieser Lösung stehe ich voll und ganz.“

Es müsse verbindlicher abgefragt werden. „Das ist momentan noch vielfach dem Zufall überlassen, ob man mit der Nachfrage der Spendenbereitschaft überhaupt konfrontiert wird.“

Eine höhere Bereitschaft könne man auch erreichen, indem man die Verhältnisse in den Krankenhäusern verbessere und spezialisierte Teams zusammenstelle.

„Die Entscheidung, ob jemand Organspender wird oder nicht, hat bei vielen Menschen auch etwas damit zu tun, dass die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems durch Skandale und Vorgänge in der Vergangenheit infrage gestellt worden ist.

Wir setzen auf aufgeklärte, mündige und auch verantwortungsvolle Bürgerinnen und Bürger, die man gerne verpflichtend bei allen möglichen Behördengängen danach fragen kann, eine entsprechende Äußerung abzugeben.

Ich bin Organspender und überzeugt davon, dass das richtig ist, wenn man seine Organe zur Verfügung stellt für Menschen, deren Leben dann gerettet werden kann. Aber diese Entscheidung muss von jedem selbst getroffen werden. Wir sind ein freiheitliches Land. Deshalb muss die individuelle Selbstbestimmung respektiert werden.

Die Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Spahn widerspricht den in unserer Demokratie erkämpften individuellen Freiheitsrechten. Beispielsweise beim Datenschutz muss der Bürger den Eingriff immer positiv bestätigen, da können wir es bei einer so persönlichen Entscheidung wie dem Eingriff in den eigenen Körper nicht anders machen.

Eine umfassende, niedrigschwellige Aufklärung ist dabei für die Sensibilisierung für das Thema unumgänglich. Auch unsere Kommunen sind da gefragt: Bei jedem Behördengang, bei Beantragung von Personalausweis, Führerschein oder Wohngeld, kann die Gelegenheit genutzt werden, um den Bürger oder die Bürgerin auf die Möglichkeit der Organspende hinzuweisen.

Wieso gibt man zusammen mit dem neuen Personalausweis nicht direkt einen Organspendeausweis zum Selbstausfüllen mit? Auch Ärzte und Krankenkassen könnten aufklären und ihre Patienten anregen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Zum Beispiel könnten auch einzelne Organe von der Spende ausgenommen werden – und die eigene Entscheidung auch jederzeit wieder geändert werden. Selbstbestimmung und Menschenwürde enden auch nicht mit dem Tod.

Es gehört zur Würde eines Menschen, zu Lebzeiten selbst darüber bestimmen zu dürfen, was nach dem Tod mit dem eigenen Körper geschieht. Mit dieser Grundüberlegung zur Neuordnung der Organspende ist die Vorstellung unvereinbar, der Körper eines Menschen sei nach seinem Tod gewissermaßen Allgemeingut, sofern er nicht aktiv widersprochen hat.

Statt einer Widerspruchslösung, sei es auch aus edlen Motiven zur Rettung anderer Menschen, sollte deshalb der sog. „verpflichtenden Entscheidungslösung“ Vorzug gewährt werden.“